Positionspapier Inklusiver Arbeitsmarkt
Eine inklusive Gesellschaft ist das gesellschaftspolitische Ziel. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) der Vereinten Nationen ist dafür die ideelle wie rechtliche Grundlage. Sozialpolitisch wurde dazu in den vergangenen Jahren in Deutschland viel in Bewegung gesetzt. Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Assistenzbedarf sind zum Maßstab in der Gesetzgebung und des Sozialwesens geworden. Nun gilt es, Inklusion, im Sinne gesellschaftlicher Vielfalt, auch in der Gesellschaft selbstverständlich werden zu lassen.
Ein wesentlicher Teil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens ist der Bereich der Wirtschaft und des Zusammenarbeitens.
Auch wenn es hinsichtlich der Teilhabe am Arbeitsleben in den letzten Jahren viele Bemühungen, Ansätze und Konzepte gab, mehr Menschen mit Assistenzbedarf auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, ist der Arbeitsmarkt bisher weit davon entfernt, inklusiv zu sein. Dabei stehen Anbieter*innen von Teilhabe am Arbeitsleben – wie etwa Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) – immer wieder in der Kritik, Sonderwelten zu sein oder gar Menschen mit Assistenzbedarf auszubeuten, während sich wiederum Menschen mit Assistenzbedarf häufig in der als normal bezeichneten Arbeitswelt ausgegrenzt, benachteiligt und nicht ernst genommen fühlen. Aktuell besteht für die allermeisten von ihnen auch nicht wirklich eine Chance, ihren Lebensunterhalt auf einem sozialversicherten Arbeitsplatz zu verdienen, schlicht, weil sie keine solche Arbeit finden. Die Gründe für die bestehende Ausgrenzung sind vielfältig: Wirtschaftliche Produktionszwänge lassen sich bisher kaum mit notwendigen individuellen Assistenz- und Arbeitsplatzbedingungen vereinbaren. Es bestehen Vorurteile und Befangenheiten. Und es fehlt auch eine entsprechende berufliche Bildung bzw. das Empowerment für alle Beteiligten.
Werkstätten und andere Angebote zur Teilhabe am Arbeitsleben haben in den vergangenen Jahrzehnten Kompetenzen zur individuellen Teilhabe am Arbeitsleben geschaffen. Diese gilt es nun in einen inklusiven Arbeitsmarkt zu übernehmen. Dabei kann diese Umgestaltung – hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt – aber nicht den Anbietern von Teilhabe am Arbeitsleben, den Fachkräften und letztlich den Menschen mit Assistenzbedarf überlassen werden. Diese Umgestaltung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe verlangt von allen Beteiligten – also auch von Unternehmen, Behörden, Gesetzgebung und jedem*jeder Einzelnen - entsprechende Anstrengungen und die Bereitschaft zu Veränderung, sowie den Mut, neu zu denken und Gewohntes hinter sich zu lassen. Dabei ist Inklusion ein wesentlicher Aspekt der anstehenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozesse.
Das anthroposophische Sozialwesen möchte hier Verantwortung übernehmen. Die mit ihm verbundenen Menschen mit und ohne Assistenzbedarf, sowie die Mitgliedsorganisationen wollen diesen Wandel verantwortungsvoll mitgestalten. In seinem Positionspapier «Inklusiver Arbeitsmarkt» entwirft Anthropoi Bundesverband eine zugegeben utopische, aber auch klare Vision einer inklusiven Arbeitswelt. Diese erfordere, so das Papier, zuallererst eine inklusive und sozial-gerechte Wirtschaftsweise. Ein inklusiver Arbeitsmarkt wird im gegenwärtigen System der Eingliederungshilfe und Sozialleistungen nicht zu verwirklichen sein. Nicht zuletzt wird, wenn ein inklusiver Arbeitsmarkt für alle gewünscht ist, auch die Art und Weise des Zusammenarbeitens, des Wirtschaftens und der beruflichen Bildung ganz neu zu greifen sein. Individuelle Unterstützung, Nachteilsausgleiche und finanzielle Ausgleiche sind konsequent personenzentriert zu gestalten und zu gewähren.
Dazu entwickelt das Positionspapier «Inklusiver Arbeitsmarkt» grundlegende Gedanken. Das Papier wurde von einer inklusiven Arbeitsgruppe verfasst. In einer Präambel und fünf Themenfeldern werden die Grundzüge eines inklusiven Arbeitsmarktes beschrieben. Ein Thesen-Papier in Einfacher Sprache ist zurzeit in Arbeit.
Mehr zum Fachbereich Arbeitsleben
Anthropoi_Bundesverband_Positionspapier_Inklusiver_Arbeitsmarkt_digital_2023.pdf