Menschen mit Assistenzbedarf ergreifen heute zunehmend aktiv ihre Rechte, wollen ihr Leben selbstbestimmt gestalten und in der Gesellschaft mitwirken – eben so wie jeder andere Mensch auch. Die MitarbeiterInnen der Dienste und Angebote von Anthropoi Bundesverband verstehen sich als partnerschaftliche BegleiterInnen und UnterstützerInnen. Individuelle Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen sind ein wichtiges Ziel der 220 Einrichtungen und Dienste von Anthropoi Bundesverband.
Was mache ich mit der Zeit meines Lebens? Die Ausbildungsbroschüre gibt einen guten Überblick über Ausbildungen und Studiengänge aus den Bereichen Heilpädagogik, Sozialtherapie, Arbeitserzieher und Sonderpädagogik sowie der Kunsttherapie.
Vom Gesetz her ist die Sache klar. Art. 27 der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) mit der Überschrift «Arbeit und Beschäftigung» fordert die Vertragsstaaten unmissverständlich auf, allen Menschen das gleiche Recht auf Arbeit in einem offenen, für alle Menschen zugänglichen Arbeitsmarkt zu gewähren, einschließlich der Möglichkeit, dadurch den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Realität sieht indes anders aus. Insbesondere Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung arbeiten zu einem sehr hohen Anteil in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Die Tätigkeit dort gilt als arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis. Beiträge zur Sozialversicherung werden im Rahmen der Leistung «Teilhabe am Arbeitsleben» durch den kommunalen Kostenträger übernommen. Der Lebensunterhalt wird überwiegend über die Grundsicherung bestritten und ist damit ebenso steuerfinanziert. Die Beschäftigten erhalten darüber hinaus einen Werkstattlohn, der laut einer Recherche der Lebenshilfe im Jahr 2022 durchschnittlich bei monatlich 222,-- € netto lag. Kritik an diesem System liegt nahe. Die Hauptkritikpunkte sind: Werkstätten für behinderte Menschen seien Sonderwelten, die selten Möglichkeiten für einen Systemwechsel böten. Und, Werkstätten für behinderte Menschen beuteten Werkstatt-Beschäftigte aus. Diese Kritik ist durchaus berechtigt. Dennoch ist sie einseitig, denn Menschen mit Assistenzbedarf sehen sich vielfach in der als normal bezeichneten Arbeitswelt ausgegrenzt, benachteiligt, wenig wertgeschätzt und nicht ernst genommen. Das fängt mit fehlenden passgenauen Arbeitsplätzen an, geht mit einer fehlenden Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes weiter und betrifft insbesondere die soziale Anbindung und Ansprache bei der Arbeit. Ein geeigneter, inklusiver Arbeitsplatz muss diesen Kriterien genügen: Sind Abläufe für mich verständlich und handhabbar? Habe ich eine ansprechende Tätigkeit? Bin ich als Mensch Teil eines Teams oder einer Abteilung? Habe ich regelhaft eine*n Ansprechpartner*in oder wechselt diese*r häufig? Werde ich anerkannt und wertgeschätzt?
Was könnte die Lösung sein? Dazu hat sich der Fachbereich Arbeitsleben von Anthropoi Bundesverband Gedanken gemacht und diese im inklusiv erarbeiteten «Positionspapier Inklusiver Arbeitsmarkt» zusammengefasst. Die Grundaussage ist folgende: Teilhabe am Arbeitsleben kann nur gelingen, wenn sich die Arbeitswelt insgesamt ändert. Was ist die Idee und was braucht es dafür?
Ein inklusiver Arbeitsmarkt bietet allen Menschen die Möglichkeit, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken.
Alle Menschen finden in einem inklusiven Arbeitsmarkt ihren Arbeitsplatz und tragen zu einem gelingenden Ganzen bei.
Für einen inklusiven Arbeitsmarkt muss sich auch das Wirtschaftssystem verändern: Es ist eher gemeinwohlorientiert und weniger leistungsorientiert und gewinnmaximierend. Damit trägt ein inklusiver Arbeitsmarkt maßgeblich zu einem sozialen und nachhaltigen Wirtschaftssystem bei.
Noch vor 10 Jahren wäre an dieser Stelle vermutlich der Einwand gekommen, die Idee ist schön, aber schaffen wir das als Gesellschaft? Und dann vielleicht auch noch das: Ist das nicht ein nice to have? Heute stehen wir ganz anders da. Fast alle Betriebe und Unternehmen beklagen einen Fachkräftemangel und aus dem Fachkräftemangel wurde längst ein Arbeitskräftemangel. Und auch die Klima-Krise erfordert ein Umdenken, wie wir wirtschaften. Ist da nicht die Zeit gekommen, den Arbeitsmarkt zu transformieren und inklusiv auszurichten? Auch mit neuen Rollen und Aufgaben für Menschen mit Assistenzbedarf? Hierfür braucht es nicht nur Gesetze, sondern vor allem den Schulterschluss als Gesellschaft. Und es braucht Übungswege, die dazu beitragen, Vorurteile, Unsicherheiten, Befangenheit und Berührungsängste abzubauen. Formate hierfür gibt es reichlich: Den DUO-Day, Schnupperpraktika, das Programm Next Generation Social, Seitenwechsel (nicht nur für Führungskräfte), ehrenamtliches Engagement und einiges mehr. Im Grunde braucht es eine gesamtgesellschaftliche Empowerment-Offensive als Einstieg in den Transformationsprozess hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt. Das klingt spannend oder?
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