Außerklinische Intensivpflege: Versorgungsicherheit sicherstellen!

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung beobachten mit großer Sorge den aktuellen Stand der Arztsuche im Nationalen Gesundheitsportal und die viel zu geringe Anzahl der dort bislang gelisteten Ärztinnen und Ärzte für die Potenzialerhebung und die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI).
Deshalb haben sich die Fachverbände für Menschen mit Behinderung am Mittwoch, 7. Juni 2023, mit einem Schreiben an Herrn Prof. Dr. Karl Lauterbach (Bundesminister für Gesundheit) gewandt. Die Forderung: Die in Art. 5 Absatz 2 GKV-IPReG festgelegte Frist für das Inkrafttreten von Art. 2 GKV-IPReG muss um zwei Jahre verlängert werden.

Das Schreiben an den Bundesgesundheitsminister im Wortlaut:


Sehr geehrter Herr Bundesminister,

mit sehr großer Besorgnis beobachten die Fachverbände für Menschen mit Behinderung derzeit den  aktuellen Stand der Arztsuche im Nationalen Gesundheitsportal und die viel zu geringe Anzahl der dort bislang gelisteten Ärztinnen und Ärzte für die Potenzialerhebung und die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI).

Angesichts drohender Versorgungsdefizite, die sich für die betroffenen beatmeten und trachealkanülierten Versicherten in der Regel lebensbedrohlich auswirken, fordern die Fachverbände deshalb die in Art. 5 Absatz 2 GKV-IPReG festgelegte Frist für das Inkrafttreten von Art. 2 GKV-IPReG um zwei Jahre zu verlängern.

Sollte keine Fristverlängerung erfolgen, würde Art. 2 GKV-IPReG am 31.10.2023 in Kraft treten. Hierdurch würde ab diesem Tag der Anspruch der betroffenen Versicherten auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Absatz 2 Satz 1 SGB V entfallen und durch den Anspruch auf AKI nach § 37c SGB V ersetzt werden.

Nach den Regelungen der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL), die den Anspruch nach § 37c SGB V näher bestimmt, dürfte die AKI für beatmete und trachealkanülierte Versicherte ab diesem Zeitpunkt nur noch durch einen kleinen Kreis von Fachärztinnen und Fachärzten verordnet werden. Hausärztinnen und Hausärzte wären ab dem 31.10.2023 nur noch verordnungsbefugt, wenn eine entsprechende Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung vorläge und sie Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten nachgewiesen hätten. Zudem müsste grundsätzlich bei beatmeten und trachealkanülierten Versicherten mit jeder Verordnung ein etwaiges Entwöhnungspotenzial ermittelt werden. Der hierzu befugte Kreis an Fachärztinnen und Fachärzten wäre sogar noch eingeschränkter und bedürfte ebenfalls einer Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung.

Trotz großer Bemühungen der Selbstverwaltung, die Anzahl der maßgeblichen Ärztinnen und Ärzte zu  erhöhen, stehen nach dem derzeitigen Stand der Arztsuche des Bundes bisher lediglich ca. 200 zur Potenzialerhebung befugte Fachärztinnen und Fachärzte und ca. 300 verordnende Hausärztinnen und Hausärzte für die Versorgung von ca. 18.000 beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten zur Verfügung. Fehlende oder eingeschränkte Barrierefreiheit der Praxen schränkt die Versorgung der Betroffenen zusätzlich ein.

Zum 31.10.2023 droht deshalb eine lebensbedrohliche Unterversorgung von Menschen mit Intensivpflegebedarf. Um der Entstehung einer strukturellen Mangellage entgegenzuwirken und den Aufbau der flächendeckenden Versorgungsstrukturen zu fördern, sprechen sich die Fachverbände daher für eine angemessene Übergangsfrist aus. Der von der Patientenvertretung am 1.6.2023 beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gestellte Antrag, die Verlängerung der Übergangsregelung nach § 1a der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie bis zum 31.10.2025 zu beschließen, wird aus diesem Grund von den Fachverbänden ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Rechtliche Voraussetzung für einen entsprechenden Beschluss des G-BA ist jedoch, dass der Gesetzgeber die hierfür maßgebliche Regelung zum Inkrafttreten von Art. 2 GKV-IPReG ebenfalls um zwei Jahre verlängert.

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung fordern deshalb, Art. 5 Absatz 2 GKV-IPReG wie folgt zu ändern: Artikel 2 tritt am 31. Oktober 2025 in Kraft.

Für eine entsprechende Gesetzesänderung bitten wir Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, sich im Interesse dieses besonders vulnerablen Personenkreises baldmöglichst einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. der Fachverbände

Beate Bettenhausen
Vorsitzende des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm)

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