Auf dem Weg zum inklusiven SGB VIII

Die Kinder- und Jugendhilfe soll künftig inklusiv sein. Das fordert das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, das seit dem 10. Juni 2021 in Kraft ist. Das bedeutet: In Zukunft soll das Jugendamt für Kinder mit und ohne Assistenzbedarf gleichermaßen zuständig sein. Bislang müssen sich Kinder und Jugendliche mit Assistenzbedarf und ihre Familien an die Träger der Eingliederungshilfe wenden, wenn sie Unterstützung benötigen.
Diese «Leistungen zur Teilhabe» sind im Sozialgesetzbuch SGB IX festgelegt. Familien mit Kindern und Jugendlichen ohne Assistenzbedarf bekommen bei Bedarf «Hilfen zur Erziehung», die im SGB VIII geregelt sind. In Zukunft soll nur noch ein Gesetz die Leistungen für alle Kinder und Jugendlichen regeln. Damit kommen teils große Veränderungen auf alle Beteiligten zu.

Am 17. April 2023 sind rund 100 Teilnehmer*innen der Einladung der fünf Fachverbände für Menschen mit Behinderung zu einem Fachtag in Berlin zum Thema „Erwartungen an die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes und die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe" gefolgt, um sich über die bevorstehenden Veränderungen und die damit verbundenen Auswirkungen zu informieren.

Die Veranstaltung nutzten die Fachverbände, um ihr gemeinsam erarbeitetes Eckpunktepapier vorzustellen. Prof. Dr. Daniela Schweigler hielt einen Vortrag zum Thema «Der Weg zur inklusiven Jugendhilfe aus Sicht der Eingliederungshilfe» und in vier Workshops wurden zukünftige Formen der Hilfeplanung, Selbstvertretungskonzepte, inklusiver Kinderschutz sowie inklusive Assistenzleistungen diskutiert.

«Die inklusive Lösung ist absolut überfällig», macht Julia Niederstucke-Kutzner deutlich, die für Anthropoi Bundesverband die Fachtagung mit vorbereitet hat. Doch bis es soweit ist, müssen noch zahlreiche Hürden aus dem Weg geräumt werden. So ist beispielsweise noch offen, wie die Umsetzung finanziert werden soll. Der gesamte Prozess soll «kostenneutral» gestaltet werden. Im Klartext: Höhere Aufwendungen sind erst einmal nicht eingeplant. Ob sich das bei der erforderlichen Schulung der Mitarbeiter*innen der Jugendämter, dem allgemeinen Fachkräftemangel und zahlreicher weiterer zu erwartender Kosten erreichen lässt, wird die Zukunft zeigen. Zudem sollen keine Leistungen wegfallen, ob für junge Menschen mit oder ohne Assistenzbedarf. Darin sind sich die Fachverbände einig. Damit soll auch den Sorgen mancher Eltern begegnet werden, die fürchten, dass ihre Kinder in Zukunft weniger Leistungen erhalten, wenn das Jugendamt inklusiv wird. Obwohl noch viele Punkte ungeklärt sind, hat der Veränderungsprozess längst begonnen. Es liegt im Interesse aller Kinder und Jugendlichen, dass es ein Erfolg wird.

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